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Ausstellung


Each Poison, A Pillow
Stefanie Moshammer

Nach einer erfolgreichen Präsentation auf der Parallel Vienna 2024 freut sich die Dr. Eva Kahan Foundation, die Zusammenarbeit mit der Künstlerin Stefanie Moshammer fortzusetzen und ihre aktuelle Ausstellung im Kahan Art Space Vienna zu präsentieren.  

In ihrem umfangreichen Werkzyklus Each Poison, A Pillow setzt sich Moshammer mit dem Thema weiblicher Alkoholismus auseinander und verwebt persönliche Erfahrungen – geprägt durch das Aufwachsen mit einer alkoholkranken Mutter – mit wissenschaftlichen und kulturellen Perspektiven. Der Titel verweist auf die oft verborgene Dimension des weiblichen Trinkverhaltens: Studien zeigen, dass der Alkoholkonsum von Frauen in den letzten Jahren weltweit gestiegen ist, im Gegensatz zu Männern, leben Frauen ihre Abhängigkeit meist im Verborgenen aus. Für Moshammer symbolisieren Kissen das häusliche Umfeld – einen Raum von Geborgenheit und zugleich Verschwiegenheit. Wie das Kissen bietet Alkohol vermeintlichen emotionalen Trost, einen Moment der Entspannung – doch diese trügerische Grenze zwischen Genuss und Gift bleibt schmal. 

Der Fund eines Briefes (Original Letter, 1995), den Stefanie Moshammer während der Covid-Pandemie entdeckte und den sie als achtjähriges Mädchen an das Christkind geschrieben hatte, markiert den Beginn dieses noch andauernden künstlerischen Projekts. Eine enge Zusammenarbeit mit ihrer Mutter ermöglicht es Moshammer dabei, unterschiedliche Perspektiven zu visualisieren. Im gesamten Werkzyklus ist Moshammers Mutter auf vielfältige Weise sichtbar, sowohl in aktuellen Aufnahmen der Künstlerin als auch in Bildern aus dem persönlichen Fotoarchiv der Mutter. So zeigt das großformatige Porträt einer schönen jungen Frau, Stefanies Mutter im Alter von etwa 19 Jahren (I love you, 2024). Die sichtbare Unbeschwertheit dieses Urlaubsschnappschusses markiert für Moshammer das Gefühl von Leichtigkeit und Freiheit, das ihre Mutter zu jener Zeit empfand. Auf der gegenüberliegenden Seite hängt das Bild eines Apfels (Nowadays, 2022). Im Zusammenhang mit der alttestamentlichen Bibelstelle - Genesis 3, der Falls des Menschen - wird der Apfel seit dem Mittelalter als Symbol für Schuld und Scham gelesen. Für Moshammer weist dieses Bild einerseits auf das Schuldgefühl ihrer Mutter hin, gleichzeitig zeigt sie damit auf, dass manche Schäden nicht reparierbar sind. „Die Inszenierung der Schale ist das Sinnbild für die Rekonstruktion von etwas Idealem: Es wird nie so, wie es davor war, trotzdem versucht man, es wiederherzustellen“, so Moshammer im Interview mit dem Zeit Magazin (2023).  

Das Bild der Schlangenhaut (Stage Two, 2022) könnte auch der Vertreibung aus dem Paradies zugeschrieben werden, wobei es für Moshammer vor allem um den Prozess der Transformation und Erneuerung geht. Im Übergang von Vergangenem zu Neuem steckt etwas Hoffnungsvolles; die Häutung steht hierbei symbolisch für die unterschiedlichen Stadien der Genesung und den Neubeginn nach einer Entziehungskur. Diese hoffnungsvolle Stimmung ist auch dem gegenüberliegenden Bild End of Summer (2022), einem weiteren Porträt ihrer Mutter, eingeschrieben. Daneben ist großformatig eine Wunde (Softest Hard, 2018) sichtbar – eine tiefe Verletzung, die sich Stefanie Moshammer während einer ausgelassenen Partynacht zugezogen hat. Moshammer setzt sich hierbei mit einer kritischen Hinterfragung ihres eigenen Alkoholkonsums auseinander: Ab wann ist der persönliche Alkoholkonsum problematisch, wann wird die eigene Wahrnehmung verzerrt, und ab welchem Punkt ist das Handeln nicht mehr rational?  

Dem gesamten Werkzyklus ist immer wieder Moshammers Versuch eingeschrieben, ihre Mutter zu verstehen und die Welt mit deren Augen zu sehen. Die Rauminstallation To be you (video installation, apples, 2024) zeigt sowohl ein Auge der Mutter als auch eines der Tochter, die unterschiedliche emotionale Stadien durchlaufen, dabei jedoch den Blickkontakt nicht verlieren. In der weiteren Rauminstallation Hide and Peak (glass, stainless steel, 2024) visualisiert Moshammer, wie selbstverletzend Trinken sein kann; obwohl die Gefahr durch die stacheligen Nägel sichtbar ist, ist die Versuchung oft größer. Gleichzeitig schwingt auch die Schönheit einer gehobenen Tischkultur mit, in der zu besonderen Anlässen ein Fest gefeiert wird, das neben gutem Essen auch mit geselligem Trinken verbunden ist.  

Die Frage „Is my drinking normal?“ ist auf der textilen Arbeit Instascrolling (2023) zu lesen und markiert den Eingang zu einem weiteren Ausstellungsraum. Die speziell für diesen Raum geschaffene Dreikanal-Videoinstallation Mother's Milk and Other Spirits (2024, Videoarbeit, 4:45 Minuten) lässt die Besucher in ein Kaleidoskop von Bildern eintauchen und konfrontiert sie mit der vielschichtigen Präsenz von Alkohol. Die von Moshammer ausgewählten gefundenen Videos und Filmausschnitte zeigen sowohl die kulturellen, wissenschaftlichen und sozialen Dimensionen von Alkohol auf als auch eine intime, autobiografische Ebene, da sie Videofragmente aus ihrer Kindheit einfügte, die von ihrem Vater aufgenommen wurden. Der Installationsraum verwandelt sich in eine überwältigende sensorische Umgebung, die die Betrachter mit einem Übermaß an Bildern überflutet. Diese absichtliche Überreizung spiegelt die komplexe Rolle des Alkohols wider: verlockend und doch beunruhigend, tief verwurzelt und zugleich störend, wobei sich sein Einfluss durch kollektive Erinnerung und individuelle Erfahrung verwebt.  

Kuratiert von Angela Zach-Buchmayer

 

Öffnungszeiten: Samstag 13 – 17 Uhr und nach Vereinbarung

Adresse: Eingang Große Pfarrgasse 7, 1020 Wien – das kraus

 

Photos: 

©Stefanie Moshammer - Nowadays, 2022, 118 x 88 cm, fine art inkjet print, wooden frame, museums glass, Ed. of 3

©Manuel Carreon Lopez

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