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Ausstellung


BUDAPEST BLUE 3._ARAKHNÉ
Eszter Ágnes Szabó

Das "Delfter Blau" wurde im 17. Jahrhundert in den Niederlanden entwickelt, um die steigende Nachfrage nach chinesischem Porzellan durch einheimische Produkte zu ersetzen. Die weiße Tonkeramik näherte sich der chinesischen Qualität an und verbreitete sich schnell in ganz Europa. In der Anfangsphase der Produktion war der "Chinoiserie"-Stil typisch, bei dem blaue Muster auf weißem Grund gemalt wurden. Chinesisches Porzellan trägt oft allgemeine Bedeutungen. Wir sehen Menschen in Alltagssituationen, die ihre Lebensweise und ihre Umgebung widerspiegeln: Landschaften, Gärten, Innenräume. In den Niederlanden wurde das chinesische System von Motiven und Gattungen durch Darstellungen lokaler Sitten und Gebräuche ersetzt, von der Landarbeit bis zu Booten, von Windmühlen bis zum Schlittschuhlaufen, bis zum Leben in den Kolonien, das wir nun mit einem kritischen Auge betrachten können. Delft wurde zum Zentrum dieses Stils, der seither als Delfter Blau bezeichnet wird.

Die Ausstellungsreihe Budapest Blue ist nach Delft Blue die Budapester und speziell ungarische Version von Ágnes Szabó Eszter. Ihre eigene private mythologische Sammlung ist eine Projektion ihrer persönlichen Erfahrungen und Meilensteine, gestickt oder gemalt in Blau, manchmal auch in Rot, an der Grenze zwischen Realität und Fiktion. In seinem Werk versucht EASZ an die Tradition des Hausmeister- und Porzellangeschlechts anzuknüpfen, indem er jedoch aktuelle Ereignisse darstellt, denen der Künstler nicht entkommen kann und die das Leben einer Stadt und vielleicht eines ganzen Landes betreffen. Ereignisse und Situationen, sowohl fremde als auch einheimische, die auf die eine oder andere Weise in den Alltag eindringen und die wir als zeitgenössische Bilder des Lebens vor uns sehen, seien es die Flüchtlingskrise, Geschlechterfragen, der Zustand des Bildungswesens, Proteste, Zwangsräumungen, die Verteilung von Lebensmitteln, wirtschaftliche und soziale Fragen, die uns ständig zum Nachdenken oder zur Selbstreflexion anregen. Wie können wir unsere Traditionen mit dem Ausmaß der Veränderungen, die wir täglich erleben, in Einklang bringen? Wie können wir mit den Relikten der Vergangenheit in unserer veränderten Lebensweise leben?

Diese Wandschützer sind nicht mehr die fröhlichen und traurigen Bilder des Bürgertums oder der Bauernschaft, noch sind sie ein Mittel des häuslichen Ausdrucks, sondern vielmehr ein hinterfragender und kritischer Kommentar, den die Arbeit von EASZ an die Öffentlichkeit bringt. Seit Jahren leben wir in einem gigantischen und kontrollierten Konsultationsprozess und merken kaum noch, wie wenig Raum wir für eigene Kommentare haben. Das Recht auf freie Meinungsäußerung wird wieder einmal in immer engere Räume gezwängt, auch in Küchen und an Familientischen, wo es schon immer Raum für Diskussionen gab. Wandbehänge und Wandteppiche, ja sogar das Geschirr, inspirieren dazu, eine Grenze zwischen Vergangenheit und Zukunft, zwischen persönlichem und öffentlichem Raum zu ziehen und einen echten Dialog zu führen.

Die Suche nach einer privaten Mythologie und einer kritischen Perspektive bzw. einer guten Praxis ist an einem Punkt mit der vielleicht ersten Kritik an der Macht in der griechischen Mythologie verbunden, dem Wandteppich von Arakhné. Obwohl die politische Macht den Sterblichen heute nicht ihre berühmten Verwandlungen, ihre Trauben oder gar ihre Schwäne präsentiert, sondern Symbole, die für sie wichtig und relevant sind, kann der antike Wandteppich von Arakhné und Pallas Athéné als Lehrstück für diejenigen dienen, die die glorreichen oder auch die weniger glorreichen Taten der Macht sehen wollen. Der Wandteppich von Arakhné ist vielleicht das erste kritische Werk von Frauen, das aufgezeichnet wurde (von Ovid), daher ist seine Rekonstruktion und Präsentation zusammen mit anderen Wandschützern und Tafeln eine der zentralen Ideen der Ausstellung.

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